Default Mode Network: Depression und Serotonin
Erstellt von r.ehlers am Montag 13. Oktober 2014
Heutzutage wissen nicht nur Computer-Freaks, Nerds und Geeks, was ein Netzwerk und auch was ein Default Mode Netzwerk (DMN) ist. Selbst die leistungsfähigsten Computer der Welt sind auf eher simple Weise miteinander vernetzt und erhalten auch im Ruhezustand mit einer Voreinstellung nur vergleichsweise einfache Standardfunktionen aufrecht. Unser Gehirn dagegen arbeitet mit zwei hoch komplexen Netzwerken, die zudem noch eng miteinander gekoppelt sind:
- Das handlungsbezogene Netzwerk zur Verarbeitung von Außenreizen und
- das Ruhestandsnetzwerk (DMN) zur nach innen gerichteten Aufmerksamkeit und Arbeit.
Ein Vergleich zwischen dem von der Natur geschaffenen Gehirn und dem von Menschen geschaffenen Computer ist müßig. Wir liegen mit unseren Ergebnissen Äonen hinter der Natur zurück. Vielen sehr bewusst lebenden Menschen sind die meist unbewusst im Gehirn ablaufenden Vorgänge obskur und unheimlich. Erst durch seine innere Arbeit findet der Mensch aber seine Identität, erst die Zusammenarbeit beider Netzwerke schafft die volle geistige Leistung und insbesondere die Kreativität.
In der Röhre des Magnetresonanztomographen (MRT) kann man erkennen, welches der beiden Netzwerke gerade aktiv ist. Tun wir nichts, wird das ganze Ruhegehirn aktiv, sichtbar an den Emanationen von Gehirnwellen, die wie der „mediale temporo-parietale Cortex“, der „posteriore cinguläre Cortex“ sowie der „mediale präfrontale Cortex“ Wellen aussenden [es gibt keinen Grund, sich diese Begriffe dauerhaft zu merken]. Interessant ist, dass sich beide Netzwerke in einem Rhythmus von 20 bis 25 Sekunden im Maß ihrer Aktivität abwechseln, ohne dass eines von ihnen jemals ganz weggeschaltet würde. Am ehesten verliert der Mensch noch in der Tiefschlafphase zeitweilig alle wichtigen aktivierenden Verknüpfungen des handlungsbezogenen Netzwerks. Im Traum kann er dagegen bis an den Wachzustand heran gelangen oder sich im Klartraum bewusst werden, dass er sich im Traum befindet. Obwohl er körperlich immobilisiert ist, erlebt er die Traumwelt in vollen Farben und starken Eindrücken. Umgekehrt drängt sich das DMN in der Zeit der Wachheit nach vorn, wenn der Mensch sich in einem Tagtraum fängt oder ziellos vor sich hin sinniert.
Bei vielen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen wie besonders bei der Depression, beim Alzheimer, dem Autismus, der Schizophrenie und der Depression hat man bereits Veränderungen im DMN gefunden, über deren Bedeutung sich aber noch nicht viel sagen lässt.
Der Serotonin Transporter (SERT) ist ein Protein in den Membranen der Nervenzellen, das die Wanderung des Serotoninmoleküls in die Zelle ermöglicht. Da nach der Überzeugung der Wiener Forscher der Mangel an Serotonin die Depression auslöst, bildet das SERT-Protein auch die Schnittstelle für Drogen (Medikamente), die die Depression bekämpfen sollen.
Das SERT-Protein befindet sich aber nicht nur in den Zellmembranen der Gehirnzellen. In weitaus größeren Quantitäten befindet es sich im Verdauungstrakt, der Lunge und auch im Blut. Es sichert den jederzeitig gleichen Serotoninlevel innerhalb der Blutplättchen.
Die Wiener Forscher haben nun durch die modernen bildgebenden Verfahren und durch pharmakologische Maßnahmen, wie sie sagen, herausgefunden, dass es eine enge Verbindung zwischen der Geschwindigkeit der Serotoninaufnahme und der Aktivierung des DMN in der Funktion eines Depressionsnetzwerks im Gehirn gibt.
Das DMN ist bekanntlich stark unterdrückt in Phasen hoher und konzentrierter geistiger Aspannung, während depressive Menschen es schwer finden, das DMN zu unterdrücken, sodass sie der quälenden ewigen Wiederkehr der immer gleichen negativen Gedanken unterworfen sind und sich einfach nicht auf andere Dinge konzentrieren können.
Bis zu einer Methode der Messung der im Gehirn stattfindenden Depression im Zusammenhang mit der Messung der Geschwindigkeit der Aufnahme des Gewebshormons Serotonin in die Blutplättchen, von der die Wiener Forscher träumen, ist m.E noch ein sehr weiter Weg. Am Ende steht vielleicht einmal ein erster Weg der Messung des Serotoninspiegels des Gehirns außerhalb seiner Messung im Liquor von Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit nach ihrer Entnahme durch eine Lumbalpunktion.